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Interview in Derwesten.de

"Wir müssen unsere Sprache pflegen"

Nachrichten, 07.03.2009, Katrin Teschner

Zur Person

Jutta Limbach war von 1989 bis 1994 Justiz-Senatorin in Berlin, bevor sie Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts wurde. An der Spitze des Gerichts stand sie bis zum Erreichen der Altersgrenze 2002. Von 2002 bis 2008 war sie Präsidentin des Goethe-Instituts. Im vorigen Jahr veröffentlichte sie ihr Buch „Hat Deutsch eine Zukunft?“


Brüssel. Deutsch ist eine offizielle Amtssprache bei der Europäischen Union. Dennoch weichen immer mehr Deutsche auf diplomatischem Parkett ins Englische aus, beklagt Jutta Limbach. Die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts und des Goethe-Instituts erklärt, warum das ein Fehler ist.

In der Europäischen Union sprechen rund 83 Millionen Menschen Deutsch als Muttersprache. Und dennoch spielt es im Brüsseler Alltag kaum eine Rolle. Jutta Limbach, ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts und des Goethe-Instituts, warb in der EU-Hauptstadt für einen selbstbewussteren Umgang mit der deutschen Sprache.

Der Europäischen Union gehen die deutschsprachigen Dolmetscher aus, auf den Fluren der Institutionen wird meist nur Englisch geredet – muss uns um die Zukunft des Deutschen bange sein?

Jutta Limbach: Deutsch hat neben Englisch und Französisch eine privilegierte Stellung in der EU, weil es zu den internen Arbeitssprachen zählt. Doch wir müssen von diesem Privileg auch Gebrauch machen. Allzu leicht weichen deutsche Diplomaten, Politiker oder Beamte in Verhandlungen aufs Englische aus, auch wenn Dolmetscher zur Stelle sind.

Franzosen haben ein viel selbstbewussteres Verhältnis zu ihrer Sprache. Warum tun wir uns so schwer?

Limbach: Wir lieben unsere Sprache, aber wir haben nicht den schönen Stolz der Franzosen. Was unsere Nachbarn dürfen, nämlich „La Grande Nation“ spielen, steht uns wegen unserer Vergangenheit nicht gut an. Gleichwohl ist es legitim, das Lehren der deutschen Sprache zu einem vorrangigen Ziel der auswärtigen Kultur- und Bildungsarbeit zu machen.

Warum ist es so wichtig, das Deutsche in der EU zu stärken, wenn doch alle gut mit Englisch zurechtkommen?


Limbach: Jeder Beruf, der als Arbeitssprache exklusiv Englisch spricht und schreibt, trägt zum Verkümmern der jeweiligen Muttersprache bei. Wenn etwa in wichtigen Tätigkeitsfeldern Englisch ausschließlich benutzt wird, dann sinken alle anderen Sprachen zu einer Provinzsprache ab, die mangels einer fortgebildeten Terminologie modernen Ansprüchen nicht mehr genügen kann.

Was raten Sie zu tun?

Limbach: Wir müssen unsere Sprache pflegen. Die Europäer müssen in jeder Veranstaltung darauf bestehen, dass Simultandolmetscher in andere Sprachen übersetzen. Gleichzeitig müssen wir auch die Mehrsprachigkeit fördern. Deutschland ist mit seinen 14 Sprachnachbarn ein Transit- und Austauschgebiet par excellence - zwischen Nord und Süd und seit dem Fall des Eisernen Vorhangs zwischen Ost und West. Wir können Allianzen bilden, Modelle entwickeln, die das Erlernen der jeweiligen Nachbar- und Partnersprache ermöglichen. Davon profitieren alle Seiten.

Das Interview führte Katrin Teschner.