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Auszug aus der Festschrift zum 80. Geburtstag von Klaus Mahnert



In der großen Debatte  zur Schulreform 1962  hielt  Klaus Mahnert eine viel beachtete Rede, in der er sich zur Frage der Stellung der österreichischen Kultur im Gesamtkontext des deutschen Kulturraums sowie zur Frage nach den Einstellungskriterien für Lehrer und Schulleiter äußerte.
 
Zwei Fragen, die mich schon im Ausschuß zu einem Abänderungsantrag veranlaßt haben, muß ich auch hier nochmals ganz kurz aufwerfen, ohne nochmals einen Antrag in dieser Richtung zu stellen.

Der Gesetzestext spricht vom Wirtschafts- und Kulturleben, und diese Formulierung erweckt den Anschein, als würde der Gesetzgeber diese beiden Lebensgebiete als gleichrangig betrachten. Wir Freiheitlichen sind - ich habe bei der letzten Budgetdebatte ausführlich darüber gesprochen -, für den Vorrang des Geistigen vor dem Ökonomischen und sind daher der Meinung, daß dieser Vorrang vor allem im Zielparagraphen einer Schulgesetzgebung zum Ausdruck kommen müßte. Die beiden Begriffe sollten daher getrennt werden und, da in diesem Absatz die einzelnen Werte aufsteigend angeordnet sind, das Wirtschaftsleben in einem eigenen vorangestellten Satz genannt werden. In der aufsteigenden Nennung der kulturellen Ebenen sehen wir eine an sich unlogische Lücke. Die Eigenart der österreichischen Kultur, ihre historisch begründeten eigenen Entwicklungstendenzen sind unbestreitbar und unbestritten. Diese Eigenart hat zu allen Zeiten befruchtend auf die ganze deutsche Kultur gewirkt, wie aber auch umgekehrt die österreichische Kultur entscheidende Impulse aus dem gesamten deutschen Kulturraum empfangen hat. Wie es heute unbestritten ist, daß wir dem deutschen Sprachraum angehören - längst wurde in den Lehrplänen ja das Wort „Unterrichtssprache“ wieder durch das Wort „Deutsch“ ersetzt -‚ ist aber auch bei aller Anerkennung der Eigenart die Zugehörigkeit zum deutschen Kulturraum unbestreitbar. Wir sind daher der Meinung, daß so wie in vergangenen Jahrhunderten Osterreich auch weiterhin die gesamte deutsche Kultur befruchten und bereichern soll und ebenso auch weiterhin aus ihr geistigen Gewinn für die Gestaltung des eigenen kulturellen Lebens ziehen soll. 
Ich habe daher - leider erfolglos - im Ausschuß die Neufassung dieses Teiles der Zielparagraphen vorgeschlagen, die diesen beiden Grundgedanken entsprochen hätten.“

Den Standpunkt der Freiheitlichen zum Schulaufsichtsgesetz formulierte Klaus Mahnert so: „Wir Freiheitlichen lehnen es ab, daß die beschließenden kollegialen Behörden, denen unter anderem das Vorschlagsrecht für Ernennungen zukommt, aus Parteienvertretern bestehen sollen, statt aus fachlichen Gesichtspunkten ausgewählten Lehrern und Eltern. Daß die politischen Gremien nach dem Verhältniswahlrecht zusammengesetzt werden, ist richtig und notwendig. So haben wir uns z.B. bei der Behandlung des Gemeinderechtes für die Anwendung des Verhältniswahlrechtes bei der Bildung des Gemeindevorstandes ausgesprochen. Diesen politischen Gremien muß jedoch ein Gegengewicht gegenübergestellt werden, das ausschließlich fachliche

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Gesichtspunkte zur Geltung bringt. Bei der Ernennung eines Lehrers, eines Direktors dürfen parteipolitische Gesichtspunkte keine Rolle spielen! Der Lehrer darf nicht das Gefühl haben, sein Weiterkommen hänge davon ab, wie weit er die Gunst einer Partei hat. Er muß wissen, daß nur sein Können und nur seine Leistung über seinen Aufstieg entscheiden und sonst nichts. Wenn in der Replik auf verschiedene Vorstöße in dieser Richtung geklagt wurde, daß hier die Parteiendemokratie an sich in Frage gestellt werde, daß eine Vertrauenskrise gegenüber den Parteien sich darin äußere, so muß doch gefragt werden: Was löst denn dieses Mißtrauen aus? Doch die Tatsache, daß sich die Parteien heute in Österreich in Fragen einschalten, in denen die Bevölkerung ihren Einfluß nicht haben will, nicht versteht und ablehnt.

Und wenn schon die Besetzung von Stellen nach dem Proporz in der Verstaatlichen Industrie nicht verstanden wird, wie viel mehr wird das in einem Bereich der Fall sein, wo es um die Erziehung der Jugend und damit um die Zukunft geht!

Wir müssen auch dem Schulpflicht- und Schulorganisationsgesetz unsere Zustimmung versagen. Wir bedauern es. Wir Freiheitlichen bedauern es, daß wir, die wir in vielen Debatten immer wieder die Schaffung dieser Gesetze verlangt haben, uns nun außerstande sehen, die Verantwortung mit zu übernehmen, da nur eine viel breitere Vorarbeit dem Ziele näher geführt hätte, dem Ziel, das einmal revolutionierend wirkende Reichsvolksschulgesetz durch ein Gesetzeswerk abzulösen, das mit gleicher revolutionierender Wirkung ein neues Zeitalter eingeleitet hätte.“


 

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