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Auszug aus der Festschrift zum
80. Geburtstag von Klaus Mahnert
Zwei Fragen, die mich
schon im Ausschuß zu einem Abänderungsantrag veranlaßt
haben, muß ich auch hier nochmals ganz kurz aufwerfen, ohne nochmals einen Antrag in dieser
Richtung zu stellen.
Der Gesetzestext spricht vom Wirtschafts- und Kulturleben, und diese Formulierung erweckt den Anschein, als würde
der Gesetzgeber diese beiden Lebensgebiete als gleichrangig betrachten. Wir Freiheitlichen sind - ich habe bei der letzten
Budgetdebatte ausführlich darüber gesprochen -, für
den Vorrang des Geistigen vor dem Ökonomischen und sind daher der
Meinung, daß dieser Vorrang vor allem im Zielparagraphen
einer Schulgesetzgebung zum Ausdruck kommen müßte. Die beiden
Begriffe sollten daher getrennt werden und, da in diesem
Absatz die einzelnen Werte aufsteigend angeordnet sind, das
Wirtschaftsleben in einem eigenen vorangestellten Satz genannt werden. In der aufsteigenden Nennung der kulturellen
Ebenen sehen wir eine an sich unlogische Lücke. Die Eigenart
der österreichischen Kultur, ihre historisch begründeten eigenen
Entwicklungstendenzen sind unbestreitbar und unbestritten. Diese Eigenart hat zu allen Zeiten befruchtend auf die
ganze deutsche Kultur gewirkt, wie aber auch umgekehrt die österreichische Kultur entscheidende Impulse aus dem gesamten deutschen Kulturraum empfangen hat. Wie es heute unbestritten ist, daß wir dem deutschen Sprachraum
angehören - längst wurde in den Lehrplänen ja das Wort
„Unterrichtssprache“ wieder durch das Wort „Deutsch“ ersetzt -‚ ist aber
auch bei aller Anerkennung der Eigenart die Zugehörigkeit
zum deutschen Kulturraum unbestreitbar. Wir sind daher der Meinung, daß so wie in vergangenen Jahrhunderten Osterreich
auch weiterhin die gesamte deutsche Kultur befruchten und bereichern soll und ebenso auch weiterhin aus ihr geistigen
Gewinn für die Gestaltung des eigenen kulturellen Lebens
ziehen soll.
Den Standpunkt der Freiheitlichen zum Schulaufsichtsgesetz formulierte Klaus Mahnert so: „Wir Freiheitlichen lehnen es ab, daß die beschließenden kollegialen Behörden, denen unter anderem das Vorschlagsrecht für Ernennungen zukommt, aus Parteienvertretern bestehen sollen, statt aus fachlichen Gesichtspunkten ausgewählten Lehrern und Eltern. Daß die politischen Gremien nach dem Verhältniswahlrecht zusammengesetzt werden, ist richtig und notwendig. So haben wir uns z.B. bei der Behandlung des Gemeinderechtes für die Anwendung des Verhältniswahlrechtes bei der Bildung des Gemeindevorstandes ausgesprochen. Diesen politischen Gremien muß jedoch ein Gegengewicht gegenübergestellt werden, das ausschließlich fachliche -30- |
Gesichtspunkte zur Geltung bringt. Bei
der Ernennung eines Lehrers, eines Direktors dürfen parteipolitische
Gesichtspunkte keine Rolle spielen! Der Lehrer darf nicht das Gefühl
haben, sein Weiterkommen hänge davon ab, wie weit er
die Gunst einer Partei hat. Er muß wissen, daß
nur sein Können und nur seine Leistung über seinen
Aufstieg entscheiden und sonst nichts. Wenn in der Replik auf verschiedene
Vorstöße in dieser Richtung geklagt wurde, daß hier die Parteiendemokratie an sich in Frage gestellt
werde, daß eine Vertrauenskrise gegenüber den Parteien
sich darin äußere, so muß doch gefragt werden:
Was löst denn dieses Mißtrauen aus? Doch die Tatsache, daß
sich die Parteien heute in Österreich in Fragen einschalten, in denen
die Bevölkerung ihren Einfluß nicht haben will,
nicht versteht und ablehnt.
Und wenn schon die Besetzung von Stellen nach dem Proporz in der Verstaatlichen Industrie nicht verstanden wird, wie viel mehr wird das in einem Bereich der Fall sein, wo es um die Erziehung der Jugend und damit um die Zukunft geht! Wir müssen auch dem Schulpflicht- und Schulorganisationsgesetz unsere Zustimmung versagen. Wir bedauern es. Wir Freiheitlichen bedauern es, daß wir, die wir in vielen Debatten immer wieder die Schaffung dieser Gesetze verlangt haben, uns nun außerstande sehen, die Verantwortung mit zu übernehmen, da nur eine viel breitere Vorarbeit dem Ziele näher geführt hätte, dem Ziel, das einmal revolutionierend wirkende Reichsvolksschulgesetz durch ein Gesetzeswerk abzulösen, das mit gleicher revolutionierender Wirkung ein neues Zeitalter eingeleitet hätte.“
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