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Ich über mich Olympia 1972
Essener Songtage 1968
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INTERNATIONALE ESSENER SONGTAGE 1968
       Vom Kochtopf zum 
Es sind Studentinnen, Schülerinnen, Auslandskorrespondentinnen, Stenotypistinnen, Hausfrauen, Sprechstundenhilfen. Sie opfern zum großen Teil ihren Urlaub dafür. Einige kamen direkt vom Kochtopf, hatten die Kinder dem Ehemann oder der Schwiegermutter übergeben.

Gisela Weisse, mit einem Industriekaufmann verheiratet, Mutter von zwei Kindern, gab extra in ihrer Bewerbung an, daß sie nur 1,60 m groß sei. Aber sie fügte hinzu: „Sie werden mich sicherlich gebrauchen können, es müssen ja auch kleinere Künstler betreut werden.“

„Spricht eine eine ausgefallene Fremdsprache?“ fragt Hostessen-Chef und Künstlerbetreuer Detlev Mahnert, Studienreferendar einer Oberhausener Schule, der schon Jugendgruppen aus Essen nach England und Frankreich begleitete. „Ich kann Russisch.“ Leider nicht zu gebrauchen. Seit der Invasion in die Tschechoslowakei hört die Festivalleitung nichts mehr von den vorher angemeldeten Teilnehmern aus der Sowjetunion.

Die italienisch sprechenden Damen dagegen waren zu verwenden. „Ich kann Finnisch“, meldet sich Ritwa Deichmann. Schade, aus Finnland kommt niemand. Ritwa, die aus Helsinki stammt, spricht auch noch Englisch. Sie ist mit einem Essener Kaufmann verheiratet. Als das Projekt Song - Hostessen bekannt wurde, war es für sie und ihren Mann sofort klar, an einer Sache vieler Nationen teilzunehmen, selbst, wenn es gar keine Bezahlung gebe. Sie war Sprechstundenhilfe bei einem Essener Nervenarzt. Nerven wird sie bei dem Festival haben müssen.
 
 

Luise Köster hat zwei Kinder. Ihr Mann hatte nichts dagegen, daß sie schon am Mittwoch dieser Woche ins Büro der

 
Detlev Mahnert, Lehrer an einer Oberschule
in Oberhausen, hat eine der schwierigsten
Aufgaben bei den Song-Tagen: Er ist Chef
der Künstlerbetreuung und ,,Einsatzleiter"
von 23 hübschen Hostessen.

Song-Tage fuhr. „Da muß man doch helfen."

Warum sie so begeistert bei der Sache ist, ihre beiden Kinder derweil in die Obhut ihrer Mutter gibt? „Es heißt immer, es soll was für die Völkerverstän- digung getan werden, dann wird aber nur mit dem Kopf genickt. Bei diesem Festi- val kann ich wirklich dazu beitragen.“

Wirtschaftsstudentin Barbara Weber ist mit 18 Jahren gerade alt genug, um Hostess zu sein. Unter 18 ist tabu. Am Montag nach den Song-Tagen muß  sie in eine Buchhaltungs- und Mathematik- klausur. Vorher will sie die tschechischen Künstler betreuen. Warum sie sich gemeldet hat? „Als junger Mensch muß man doch aktiv irgendwo mal mitmachen. Und das ist doch prima, Menschen aus dem Ausland, die sich alleine nicht zurechtfinden,  ein bißchen helfen zu können.“
  WAZ 21.9.1968
Konzert
  ,,JUNGE, Junge, das sind Mädchen!" Als 
  sich die Song-Hostessen an der Burgplatz-
  treppe den Fotografen stellten, war auch
   im Nu eine größere Zuschauermenge da.

Barbara Weber ist allerdings etwas traurig. Denn die berühmten Franzosen kommen nicht, die Greco z. B. und Georges Brassens. Sie dürfen nicht kommen. Alle Künstler dieses Festivals treten ohne Gage auf. Die Künstler-Gewerkschaft Frankreichs schob einen Riegel vor: Wer nach Essen fährt und ohne Gage singt, der wird in Frankreich boykottiert. 

Des Kaisers 23 Damen wird man nicht sofort erkennen. Denn Berufskleidung gibt es keine. Sie bekommen nur eine kleine Anstecknadel als Erkennungsmarke, eine Gitarre, die „Sehnsuchtsbratpfanne der Jugend“, wie sie Mitveranstalter Stadtjugendpfleger Horst Stein nennt.