Ein norwegischer Kurator, der in Hamburg zu Besuch war, fragte mich, warum man eine Foto-Ausstellung in den Deichtor- hallen A clear vision genannt hätte. Mir fiel dazu nur ein, dass englische Titel schon lange Mode sind. Sie klingen globaler, selbst wenn die Ausstellungen gar nicht ins Ausland wandern. Außerdem hatte ich gerade von einem deutschen Kurator- kollegen gehört, dass er eine Ausstellung in drei Levels eingeteilt habe. Hatte der Freund noch keinen Newsletter aus der Kunsthalle Baden-Baden bekommen? Oder sich über das Einstein-Forum im Internet informiert? „If you think it can’t be serious unless it’s boring you haven’t been to the Einstein-Forum“, heißt es dort so witzig, ein übrigens sehr deutsches Klischee vom Zusammenfall von Ernsthaftigkeit und Langeweile aufgreifend. Man ist zwar in Potsdam, aber Amerikas Führungskräfte sollen sich schließlich wohlfühlen im alten Europa.
„Geh’n wir einen Kaffee trinken“, sagte ich zu dem
Besuch und führte ihn zum Coffeeshop,
einer US-Erfindung, die sich mit dem Namen der Firma Starbucks
verbindet, im Unterschied zu den Schinkenshops
oder dem Domshop, der hinter
dem gewaltigen Gotteshaus von Güstrow dies und das im kleinen
Laden anbietet. Wir tranken eine Latte
medium, beim Heraus- gehen sahen wir die Mitteilung: „Alles
jetzt auch to go“. Das war
nicht unser Wunsch, der Besucher musste zum Zug. Ich begleitete ihn
noch zum Bahnhof, dort stand eine Schlange am Fahrkartenschalter, an
einem nicht besetzten Platz informierte
ein Schild: „Dieser Counter
ist geschlossen“. Wenn der Herr, der noch schnell das WC Center aufsuchte, seine
Fahrkarte
wie ich im Reisebüro gekauft hätte, hätte er jetzt eine
Rechnung der Firma Travel Solutions
in der Hand gehabt.
Die englische und die deutsche Sprache steigern sich zur kommunizierenden Höchstform
Er fuhr nach Berlin, ich nach Niebüll. Als der Zug am Bahnhof von Bredstedt hielt, sah ich einen Bus mit der Aufschrift „Röpke Liner“. Was der wohl vorhatte? Wahrscheinlich eine Kaffeefahrt nach Hanerau-Hademarschen, im Internet war in der Rubrik „Event-Wetter“ Sonnenschein angekündigt.
Aber nun, „All’s well that ends well“
(Shakespeare), ein animierendes Beispiel für die fruchtbare
Begegnung der Sprachen. Toll Collect,
unser Langzeit-Lieblingswort, sollte eigentlich nur der Eintreibung der
Lkw-Autobahngebühren dienen. Aber durch die unendliche Geschichte
des Nichtfunktionierens deutscher Wertarbeit haben sich die englische
und die deutsche Sprache zur kommunizierenden Höchstform
gesteigert, was den Windsors und den Hohenzollern leider nicht
beschieden war. Vom administrativen Zoll zur kollektiven Tollheit ist
es nur einen Buchstabentausch weit. Darauf eine Latte large to go.
Weiter so, und das Land wird fit
für das „Brain up!“, das
die Bundesministerin für Bildung und Forschung unseren Univer-
sitäten verschrieben hat. Wurde aber auch Zeit, dachte ich, als
ich an den von Hundekot bestückten Alster-Wiesen entlang ging.
Dort hat die Stadt seit kurzem einige Kästen mit
Plastiktütchen aufgestellt. „Dog
Station“ steht darauf, und nun gibt es einen Überkleber:
„Wir sprechen auch deutsch“. Wow!