München (dpa) - Nach dem Münchner Olympia-Attentat mit 17 Toten vor 40 Jahren haben die Behörden nach Informationen des "Spiegels" ihr Versagen vertuschen wollen. Das belegten bislang geheime Berichte der Ermittlungsbehörden, Botschaftsdepeschen und Kabinettsprotokolle, die das Kanzleramt, das Bundesamt für Verfassungsschutz, der bayerische Verfassungsschutz sowie das Auswärtige Amt nun auf Antrag des Magazins freigegeben haben.
Laut "Spiegel" hatte bereits am 7. September 1972, einen Tag nach der
Trauerfeier für die Opfer im Münchner Olympiastadion, ein Beamter des
Auswärtigen Amts in einer Vorlage für eine Sondersitzung des
Bundeskabinetts jene Linie
vorgegeben, die fortan offenbar die Maxime
der Regierungen in Bonn und München war: "Gegenseitige Beschuldigungen
müssen vermieden werden. Auch keine Selbstkritik." Bei dem Anschlag
waren elf israelische Sportler, fünf Geiselnehmer
und ein deutscher
Polizist gestorben.
Später sei dementsprechend in der offiziellen Dokumentation der
beiden Regierungen davon die Rede gewesen, dass die Terroristen mit
«Präzision» das Attentat ausgeführt hätten. Tatsächlich sei das Kommando
des «Schwarzen Septembers»
eher dilettantisch vorgegangen. Die Gruppe
habe Probleme gehabt, vor der Tat Hotelzimmer in München zu finden. Am
Tag des Anschlags seien die Palästinenser zunächst an den Appartements
der Israelis im olympischen Dorf vorbeigelaufen
und in einer oberen
Etagen auf Sportler aus Hongkong getroffen.
In der Dokumentation bleibt laut dem Blatt auch unerwähnt, dass es
schon Wochen vor den Spielen Hinweise und Warnungen auf den Terrorakt
gegeben habe. So meldete die deutsche Botschaft in Beirut am 14. August
1972, ein
Vertrauensmann habe gehört, dass "von palästinensischer Seite
während der Olympischen Spiele in München ein Zwischenfall inszeniert
wird". Doch die Sicherheitsbehörden registrierten nicht einmal, was
wenige Tage vor dem Attentat
in einer italienischen Illustrierten zu
lesen war: Das Blatt berichtete, Terroristen planten «eine
aufsehenerregende Tat bei den Olympischen Spielen».
Verschwunden sind laut "Spiegel" auch die Aufzeichnungen eines
Polizeipsychologen, der beim Erstellen des Sicherheitskonzepts für die
Spiele auch einen Überfall eines palästinensischen Terrorkommandos auf
das Olympiadorf skizziert
hatte. Wenige Tage nach der Katastrophe habe
ein Kripomann dieses und die anderen 25 ausgearbeiteten Krisenszenarien
des Münchner Psychologen beschlagnahmt. Die Unterlagen seien bis heute
unauffindbar.